Fahrverbote für PKW? Freie Fahrt für kriminelle, osteuropäische Spediteure und Ihre „Giftschleudern“! Wie die osteuropäische Kriminelle unsere Gesundheit gefährden und Wie die Bundesregierung

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Andreas Mossyrsch, Vorstand von Camion Pro, deckte 2016 den Skandal aufMünchen, 11.01.2018 - Der Berufsverband Camion Pro erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Der Verband wirft den Verantwortlichen in Berlin Versagen bei der Bekämpfung illegaler Lkw-Abgasmanipulationen mit sogenannten AdBue-Emulatoren, oder auch AdBlue-Killern vor. Kriminelle manipulieren die Abgasanlagen moderner Lkw, um die Kosten für den Zusatzstoff AdBlue zu sparen. Die unter dem Markennamen AdBlue bekannte Harnstofflösung wird bei Euro-5- und Euro-6-Lkw-Dieselmotoren in den Abgasstrang eingespritzt, um den Stickoxidausstoß um mehr als 90 Prozent zu verringern.

Der Camion-Pro-Vorsitzende Andreas Mossyrsch: „Während deutsche Autofahrer mit Fahrverboten und Strafsteuern für Diesel-Pkw rechnen müssen, sind hunderttausende Lkw aus Osteuropa mit illegal manipulierten Abgasanlagen in Deutschland unterwegs.“

Dazu komme, so der Verbandsvorsitzende, dass die Abgasbetrüger das Autobahn-Mautsystem in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren um bis zu einer Milliarde Euro geschädigt haben. Das Mautsystem ist nach Schadstoffklassen gestaffelt, wobei der Preis pro Kilometer geringer ausfällt, je weniger Emissionen das Fahrzeug ausstößt.

Gutachten der Uni im Auftag Camion Pro und ZdF Nach einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für Umweltphysik an der Uni Heidelberg beträgt der illegale Stickoxidausstoß dieser Lkw allein in Deutschland zwischen 20.000 und 40.000 Tonnen pro Jahr und stellt einen nicht unerheblichen Teil des Stickoxidbelastung in der Bundesrepublik dar. Diese Studie hat Camion Pro dem Bundesverkehrsministerium im Februar 2017 zugänglich gemacht. Die Verantwortlichen in Berlin haben jedoch bis heute keine adäquaten Maßnahmen gegen die kriminellen Abgasmanipulationen ergriffen. Das Hauptargument: Erste polizeiliche Maßnahmen, um den Einsatz von Emulatoren nachzuweisen, hätten kaum Resultate erbracht. Aus Sicht von Camion Pro wurde das Problem aber offenbar von Behörden und Politik vollkommen falsch eingeschätzt.

Im Sommer 2017 haben Techniker im Auftrag von Camion Pro die Software aktueller Emulatoren aus Osteuropa ausgelesen. Danach wurden zwei Lkw mit diesen Emulatoren manipuliert und die Auswirkungen unter Realbedienungen analysiert. „Die Ergebnisse waren schockierend“, betont Andreas Mossyrsch. Die Software moderner Emulatoren erkennt offenbar potenzielle Prüfsituationen und schaltet die Geräte ab. Zudem blockieren die Emulatoren nicht nur die AdBlue-Einspritzung, sondern manipulieren auch andere Funktionen des Lkw, wie zum Beispiel die Abgasrückführung. Mossyrsch: „Die Schäden für die Umwelt werden dadurch noch größer als bisher befürchtet.“

Noch alarmierender als die Ergebnisse der technischen Prüfung war für den Verbandsvorsitzenden jedoch die Feststellung, dass die bisherigen polizeilichen Kontrollmaßnahmen gegen Lkw-Abgasbetrüger weitgehend wirkungslos sind. „Die deutsche Polizei verfügt weder über die Mittel, noch über die Möglichkeiten, diese Manipulationen überhaupt festzustellen.“

Um den Druck auf die Politik zu erhöhen, veröffentlicht Camion Pro nun das Gutachten des Instituts für Umweltphysik der Uni Heidelberg, das die massenhaften Abgasverstöße nachweist.


Gleichzeitig fordert Camion Pro vom Gesetzgeber klare Maßnahmen, um dem Abgasbetrug zu beenden. Andreas Mossyrsch: „Abgasbetrüger sind rückwirkend für den entstandenen Mautschaden haftbar zu machen. Die Manipulation mit AdBlue-Emulatoren muss als Straftat geahndet werden und zum sofortigen Entzug der Betriebsgenehmigung des Transportunternehmens führen. Es muss umfangreiche wissenschaftlich-technische Studien unter Einbeziehung der Hersteller geben, mit dem Ziel, Lkw manipulationssicher zu machen und adäquate Kontrollinstrumente und Verfahren zu entwickeln, um wirksame behördliche Kontrolle auf der Straße sicherzustellen.“


Undercoverrecherchen bringen schon im Januar 2016 den Skandal ans Tageslicht.


Undercoverrecherchen in Bukarest, liefern den Hinweis Der Berufsverband Camion Pro hatte 2016 verdeckt in Bukarest recherchiert.

Eigentlich wollte der Verband dabei Sozialdumping aufdecken. Aus zwielichtigen Quellen erhielt Andreas Mossyrsch jedoch das Angebot, einen ganzen Lkw-Fuhrpark „umzurüsten“. Nach dem Einbau eines Emulators spart der Lkw das zur Abgasreinigung nötige AdBlue, stößt aber bis zu 50 Mal mehr Stickoxide aus. Nach Berichten rumänischer Informanten sind bis zu 70?Prozent der osteuropäischen Lkw mit diesen Geräten manipuliert. Ein Großteil dieser Fahrzeuge sind im internationalen Fernverkehr eingesetzt und in Deutschland unterwegs. Der Anteil osteuropäischer Lkw in Deutschland beträgt laut Mautbetreiber Toll Collect derzeit über 35 Prozent. „Der Schadstoffausstoß trägt somit erheblich zur Stickoxidbelastung in Deutschland bei“, unterstreicht Camion-Pro-Vorstand Mossyrsch die Bedeutung der Abgasmanipulationen.


In Berlin interessiert sich niemand für das Problem


Camion Pro untersucht seit 2016 Fälle von Abgasbetrug und hatte bereits im Februar 2016 das Verkehrsministerium über die Probleme mit manipulierten Abgasanlagen informiert. Ohne Reaktion. „Offenbar interessierte sich beim Bundesverkehrsministerium niemand für dieses Thema“, sagt Mossyrsch.

ZDF-Recherchen bestätigen den Verdacht

Im Sommer 2016 begab sich der Camion-Pro-Vorsitzende zum zweiten Mal nach Bukarest, diesmal zusammen mit dem ZDF-Journalisten Christian Bock und einem Kamerateam. Dem Team gelangen Aufnahmen vom Verkauf und dem Einbau der AdBlue-Killer. Neben eindeutiger Aussagen von rumänischen Insidern über die flächendeckende Manipulation von Nutzfahrzeugen dokumentierte das Fernsehteam weiter Beweise über die massenhafte Verbreitung der Technik. Um nachzuweisen, wie viele Lkw wirklich illegal mit dieser Technik in Deutschland unterwegs sind, entschlossen sich das ZDF und der Berufsverband, eine Studie in Auftrag zu geben.

Wissenschaftliche Messungen auf der Autobahn bestätigt die Recherchen von ZDF und Camion Pro

Abgasmessungen in VerfolgungsfahrtDer renommierte Wissenschaftler Dennis Pöhler vom Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg brachte mit seinem neu entwickelten Messverfahren den Durchbruch beim Nachweis der Manipulationen.

Das zum Patent angemeldete Verfahren kann bei Fahrzeugen während der Fahrt in der sogenannten Abgasfahne die Schadstoffe messen. Zum ersten Mal ist es dadurch möglich, Abgase zu messen, ohne die Messgeräte am Fahrzeug anzubringen zu müssen. Das ermöglicht eine sehr schnelle, unkomplizierte und vor allem verdachtsunabhängige Messung von Fahrzeugen. Das Institut für Umweltphysik war mehrere Tage mit seinem Messgerät unterwegs und untersuchte dabei auf Bundesautobahnen die Abgase von mehr als 250 Lkw aus fast allen europäischen Ländern. Das Ergebnis war alarmierend! Rund 40?Prozent der osteuropäischen Lkw hatten Abgaswerte, die in keinem Verhältnis zur „offiziellen“ Euro-Schadstoff-Klasse stehen und nur durch einen weitgehenden „Ausfall“ der Abgasreinigung zu erklären sind. Vor allem verblüffte, dass westeuropäische Lkw keine auffälligen Messwerte aufwiesen. Euro-6-Lkw aus Deutschland waren mit Stickoxidwerten nur knapp oberhalb der Nachweisgrenze und damit unterhalb des gesetzlich zulässigen Höchstgrenze unterwegs.  Auch andere westeuropäische Lkw und 60 Prozent der osteuropäischen Lkw wiesen gute Abgaswerte auf. Mossyrsch: „Eine grundsätzliche Unzulänglichkeit der AdBlue-Technik oder gar Messfehler scheiden somit als Ursache für die Messergebnisse aus.“

Die Bundesregierung reagiert falsch und erst, als der Skandal in den Abendnachrichten läuft 

Im Januar 2017 kommt der Skandal in den ZDF-Abendnachrichten und in der ZDF-Zoom-Dokumentarsendung „Die Lüge vom sauberen Lkw“. Erst danach reagierte die Bundesregierung, nach Einschätzung von Camion Pro jedoch mit untauglichen Mitteln. In Deutschland wurden lediglich Polizeieinheiten, die im Bereich der Schwerlastkotollen tätig sind, angewiesen, Lkw auf Emulatoren zu kontrollieren. Messgeräte oder weitere Informationen zur Technik und zu möglichen Kontrollverfahren gab es für die Beamten nicht. Einige Wochen später kontaktieren mehrere Polizeibeamte den Berufsverband Camion Pro, um zu erfahren, „wie man eigentlich diese Emulatoren finden kann“.

Polizei beklagt mangelnde Unterstützung und erkundigt sich bei Camion Pro über AdBlue-Killer

Gegenüber Andreas Mossyrsch beklagen sich Beamte, „sie hätten keine Geräte und nicht mal eine qualifizierte Schulung erhalten“. Ihre Suche nach Emulatoren sei eher im Experimentalstadium und beschränke meist nur auf eine „Plausibilitätskontrolle“. Dabei wird beispielsweise der Stand im AdBlue-Tank mit der Füllstandanzeige in Armaturenträger verglichen. Gibt es hier verräterische Füllstandsanzeigen kann das ein Hinweis auf den Einsatz von Emulatoren sein. Oder der Lkw-Fahrer wird bei Kontrollen aufgefordert, Tankquittungen für die AdBlue-Betankung vorzulegen. Sollte der Fahrer keine Belege vorweisen können, kann hier zwar auch von einem gewissen Anfangsverdacht ausgegangen werden, damit ist der Betrug aber nicht ausreichend nachgewiesen. „Die Fahrer tischen uns nicht selten schwer zu widerlegende Geschichten auf“, so ein Polizeibeamter gegenüber Camion Pro. „Zum Beispiel will man die Belege einem Kollegen, der in die Heimat fuhr, übergeben haben. Dem Beamten bleibt dann häufig nur ein Blick unter die Motorhaube und die Hoffnung, hier einen Emulator zu erkennen. Bei alten Euro-5-Lkw sind die Emulatorenmodelle in der Größe einer Zigarettenschachtel häufig unterhalb des Armaturenbretts teilweise relativ gut sichtbar installiert. Wenn wir dort keinen Emulator entdecken, enden hier meist die polizeilichen Möglichkeiten.“

Ein Fahrzeug aus dem Verkehr zu ziehen und zum Beispiel von einem Sachverständigen untersuchen zu lassen, ist in der Regel keine Option. Nicht nur, dass es hier meist an Experten mangelt, es besteht auch meist kein ausreichender Anfangsverdacht. „Die Halter verstehen hier außerdem wenig Spaß“, beschreibt ein Polizeibeamter das Problem. „Wenn ich das Fahrzeug an der Weiterfahrt hindere und es untersuchen lassen will, habe ich spätestens nach 15?Minuten den Anwalt der Spedition am Telefon, der mir Schadensersatzforderungen von vielen tausend Euro androht. Um ein Fahrzeug aus dem Verkehr zu ziehen und eine kostspielige Untersuchung zu veranlassen, brauche ich klare Beweise für eine Manipulation. Diese können wir in den seltensten Fällen erbringen.“

Bundesverkehrsministerium reagiert nicht auf Hinweise

Camion Pro Informierte das Bundesverkehrsministerium über die Probleme, Emulatoren im polizeilichen Alltag erfolgreich nachzuweisen und bot ausdrücklich Informationen aus den Vorortrecherchen in Bukarest an. Andreas Mossyrsch: „Auch auf dieses Angebot erfolgte keine Resonanz!“

Parlamentarische Anfrage irreführend beantwortet.

Die deutsche Bundesregierung schätzt nach Einschätzung von Camion Pro die kriminellen Lkw-Manipulationen bis jetzt offenbar vollkommen falsch ein. So wurde noch im Oktober 2017 eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Bundestag mit dem Hinweis beantwortet, dass bei Polizeikontrollen kaum Emulatoren gefunden würden und die veröffentlichten Zahlen aus der Studie der Uni Heidelberg nicht bestätigt werden könnten. Polizeibeamte bestätigten tatsächlich, dass sie nur wenige? Emulatoren finden – und wenn, dann fast nur Emulatoren der älterer Lkw-Modelle mit Euro-5-Motoren. In Lkw mit Euro-6-Motoren werden hingegen fast keine Emulatoren gefunden.

Warum findet die Polizei „keine“ Emulatoren? EURO6: Ein Quantensprung, für die Umwelt, ein Eldorado für kriminelle IT-Spezialisten.

Das Emulatoren kaum gefunden wurden, liegt daran, dass schon die alten Emulatoren, für Fahrzeuge mit Euro-5-Motor nicht einfach, nachzuweisen sind. Polizeiliche Kontrollerfolge beschränken sich weitgehend auf Emulatoren, die an gut zugänglichen Stellen z. B. direkt unter der Motorhaube für ein geschultes Auge gut zu erkennen installiert wurden. Nachdem die deutsche Polizei erst Anfang 2017 durch die Recherchen von Camion Pro auf das Problem aufmerksam wurde, waren selbst solche, eher dilettantisch verbauten Emulatoren kein Risiko für die Betreiber.

Die neuesten Euro-6-Fahrzeuge sind in Sachen Bordelektronik deutlich komplexer als die noch bis 2010 gebauten Euro-5-Lkw. Mit dieser Entwicklung haben aber auch Kriminelle Schritt gehalten. „Schlimmer noch: Unsere neuesten Marktbeobachtungen in Osteuropa haben ergeben, dass vermutlich 80 Prozent dieser EURO-6-Emulatoren als reine Software, also direkt in die Elektronik des Lkw aufgespielt werden“, erklärt Camion-Pro-Vorstand Andreas Mossyrsch. „Die Möglichkeit, dass ein aufmerksamer Beamter – zumindest theoretisch – ein verdächtiges Bauteil finden und so den Emulatoreneinsatz nachweisen kann, ist mit Euro 6 Geschichte.“

Moderne Emulatoren kommunizieren mit dem Fahrzeug, steuern Abläufe und spielen eigene Programme, Daten und Befehle direkt in die Bordelektronik ein. Einige dieser „Fakedaten“, die der Emulator dem Lkw vorgaukelt, können auch vom Benutzer definiert werden – zum Beispiel eine bestimmte AdBlue-Tankstandanzeige oder eine Geschwindigkeit, bei der sich der Emulator selbstständig aktiviert. Das ist bei Polizeikontrollen wichtig. Der Emulator kann vom Fuhrparkbetreiber beispielsweise so programmiert werden, dass der tatsächliche Füllstand im Tank mit der Anzeige im Führerhaus übereinstimmt.


Realer AdBlue-Füllstand  Somit wird Kontrollbeamten ein beliebtes Früherkennungsmerkmal bei der Suche nach AdBlue-Killern genommen. Weit aus perfider ist aber, dass sich der Emulator bei einer Verkehrskontrolle unbemerkt vom Fahrer abgeschaltet werden kann oder auch automatisch vollständig abschaltet. Das wird technisch einfach realisiert. Der Emulator ist nach einem Neustart deaktiviert und erst oberhalb einer bestimmten Geschwindigkeit (z.B. 80 km/h) aktiviert sich die Elektronik. Der Fahrer braucht also in einer Kontrollsituation auf dem Parkplatz nichts weiter zu tun, als den Motor abzuschalten.

Nach dem Neustart ist der Emulator dann im „Standby-Betrieb“. Die Abgasreinigung und alle Parameter entsprechen dann den Herstellervorgaben und der tatsächlichen Betriebssituation.

Erst auf der Autobahn, bei der vorgegebenen Geschwindigkeit (zum Beispiel 80 km/h), aktiviert sich der Emulator und schaltet die AdBlue-Abgasreinigung oder auch die Abgasrückführung ab. Erst jetzt wäre der Emulator, zumindest indirekt, über stark erhöhte Abgaswerte nachweisbar. Mossyrsch: „Polizei und Strafverfolgungsbehörden dürfte die Technologie noch schlaflose Nächte bereiten. Diese Abschalteinrichtung erinnert stark an die Mogelsoftware aus dem VW-Skandal und zeigt die Professionalität, mit der kriminelle Netzwerke hier auftreten.“

Polizei hat nicht die Kenntnisse und Geräte für die Aufdeckung der Abgasmanipulationen

Emulatoren auch für Diagnosegeräte „unsichtbar“Das ist aber nicht mal die schlechteste Nachricht für Strafverfolgung und Fahrzeugtechniker. Die Polizei, mit ihren derzeitigen Mitteln, ist nicht in der Lage, die modernen EURO-6-Emulatoren festzustellen; selbst sogenannte Experten wie z. B. der TÜV oder die DEKRA haben nicht die Möglichkeiten, Emulatoren sicher nachzuweisen. Sogar die Vertragswerkstätten der Hersteller scheitern am Nachweis der perfiden Emulatorentechnik.

Wie weitreichend die Probleme beim Nachweis der Emulatorensoftware sind, zeigen die Experimente, die Camion Pro im Herbst 2017 mit mehreren Lkw des Nutzfahrzeugherstellers Scania durchgeführt hat. Getestet wurden zwei Sattelzugmaschinen der schweren V8-Baureihe, beide Euro 6. In beiden Fahrzeugen wurden Emulatoren verbaut und im Realbetrieb getestet. Die von Camion Pro mit Emulatoren manipulierten Lkw zeigten bei den Fahrversuchen auf einer Teststrecke keine Störanzeige im Display und auch sonst keinerlei Auffälligkeiten. Die Camion-Pro -Techniker lasen dann mit Hilfe eines Original-Diagnosegeräts von Scania den Fehlerspeicher aus.

Der Emulator zeigt den einprogrammierten FüllstandAuch hier keine Fehlermeldung. Der Emulator hatte sich, wie zuvor programmiert, bei einer bestimmten Geschwindigkeit eingeschaltet und das Fahrzeug ab diesem Zeitpunkt mit plausiblen, aber gefälschten Daten versorgt. Der Lkw interpretierte folgerichtig einen ordnungsgemäßen Betrieb und wies daher keine Störmeldungen aus. Auch im Diagnosegerät, dass während des Emulatorbetriebs den Scania überwachte, waren keine auffälligen Werte erkennbar. Nur die AdBlue-Tankanzeigen im Fahrzeug wie auch im Diagnosegerät zeigten nicht den tatsächlichen sondern den zuvor eingegebenen Füllstand.

Die Studien von Camion Pro haben ergeben, dass es derzeit kein elektronisches Messgerät gibt, das einen Emulator nachweisen kann.

ZDF-Zoom-Reportage stellt offenbar die Grundlage für die Schulung von Polizeibeamten dar. Bundesregierung ignoriert Hilfsangebote von Camion Pro

Mehrere Polizeibeamte meldeten sich im Frühjahr bei Camion Pro und berichteten, dass sie sich für ihren Einsatz gegen Abgasmanipulationen nicht ausreichend unterstützt fühlen. Dabei berichteten die Beamten, dass der ZDF-Zoom-Beitrag offenbar als „Schulungsfilm“ bei der „Ausbildung“ von Polizeibeamten diente. In einer Schlüsselszene war in der Reportage zu sehen, wie ein polnischer Polizist einen alten Euro-5-Emulator unter der Motorhaube eines Lkw findet.  

Polnischer Polizist findet Euro5 EmulatorCamion Pro bot dem Bundesverkehrsministerium Unterstützung an und wies explizit darauf hin, dass dem Verband durch seine eineinhalbjährige Recherchen weitreichende Kenntnisse über AdBlue-Emulatoren zur Verfügung stehen. Außerdem erfolgte der Hinweis, dass davon ausgegangen werden müsse, dass neue Emulatoren deutlich komplexer sind als der im Film gezeigte Euro-5-Emulator. Camion Pro wies auf die Notwendigkeit einer völlig anderen Herangehensweise hin und bot Informationen und Unterstützung an. Dieses Angebot blieb bis heute unbeantwortet.

Mautschaden bis zu einer Milliarde Euro

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Benutzung der Autobahn für Lkw über 7,49 Tonnen mautpflichtig. Die Maut wird durch das offizielle Mautsystem Toll Collect berechnet und vom Halter eingezogen. Zur Berechnung werden nicht nur die gefahrenen Kilometer herangezogen, sondern unter anderem auch die Schadstoffklasse (Euro 1-6). Je umweltfreundlicher ein Lkw ist, umso niedriger ist sein Mautsatz. Der tatsächliche Schadstoffausstoß durch mit Emulatoren manipulierte Lkw fällt aber zwei bis vier Mautklassen schlechter aus als bei Toll Collect hinterlegt. Der Camion-Pro-Vorsitzende Mossyrsch: „Der Gesundheitsschaden, der durch die Emulatoren den Menschen in Deutschland von skrupellosen Kriminellen zugefügt worden ist, lässt sich nicht berechnen – der Mautschaden dagegen schon. Dieser dürfte sich in den letzen fünf Jahren auf eine Summe von bis zu einer Milliarde Euro belaufen.“

Das neue Messverfahren könnte die entschiedene Waffe gegen Abgasbetrüger sein

Bisher fehlten die Möglichkeiten, Fahrzeuge im großen Stil auf Manipulationen zu kontrollieren. Hierfür gab es in Deutschland weder die Technik noch die gesetzlichen Grundlagen, die eine verdachtsunabhängige Beschlagnahmung von Lkw rechtfertigen würden. Das neue Messverfahren, das von der Universität Heidelberg entwickelt wurde und das Grundlage für das jetzt von Camion Pro veröffentlichte Gutachten ist, könnte hier neue Impulse setzen und die Behörden entscheidend dabei unterstützen, Verdachtsfällen nachzugehen und Abgasbetrug aufzudecken.

So funktioniert AdBlue – Abgasreinigung und der Betrug mit Emulatoren.

Die Abgasreinigung moderner Lkw (Euro 5 und 6) wird vor allem mit AdBlue realisiert. AdBlue ist eine Harnstofflösung, die Stickoxide aus den Abgasen in harmlose Substanzen, wie Stickstoff und Wasser umwandelt. Die Recherchen von Camion Pro in Osteuropa deckten erstmals auf, dass osteuropäische Speditionen systematisch die Abgasreinigung lahm legen, um die Kosten für AdBlue zu sparen.

Genau das dürfte eigentlich gar nicht funktionieren, denn ohne Abgasreinigung kann der Lkw gar nicht betrieben werden, da die Fahrzeugelektronik das Problem erkennen und den Lkw lahmlegen müsste. Doch dies verhindern die so genannten AdBlue-Killer oder AdBlue-Emulatoren. Dabei handelt es sich um Geräte oder Software, die die AdBlue-Versorgung und damit die Abgasreinigung bei Lkw abschaltet und gleichzeitig den störungsfreien Betrieb des Lkw-Motors sicherstellt. Das erreicht der AdBlue-Killer, indem er falsche Werte in die Lkw-Elektronik einspielt. Der Emulator schaltet so zum Beispiel die AdBlue-Zufuhr ab; an anderer Stelle spielt der Emulator bestimmte Daten in die Bordelektronik ein, die einen ordnungsgemäßen Betrieb vorspiegeln. Diese Daten müssen natürlich plausibel sein und dem augenblicklichen Betriebszustand des Lkws entsprechen. Deshalb ist eine intensive Kommunikation zwischen Emulator und Lkw wichtig. Die Folge: Die Bordelektronik erkennt keine Unregelmäßigkeit und zeigt weder im Display noch im Fehlerspeicher eine Störmeldung an.

Camion Pro hat im letzten Jahr intensiv Emulatoren in Nutzfahrzeugen untersucht. Bei diesen Studien, die auch mit Lkw im realen Betreib durchgeführt wurden, betrat der Berufsverband erstmals Neuland in Deutschland. Die Erkenntnisse, die der Verband vorlegt, verblüffen die meisten Fachleute. Vor allem die neue Generation von EURO-6-Emulatoren ist hochkomplex, da sie die Werte an der richtigen Schnittstelle einsteuern müssen, die die Lkw-Elektronik für genau diesen Lkw und in der jeweiligen Fahrsituation als ordnungsgemäß akzeptiert.

Menschen, die mit solchen Emulatoren manipulieren wollen, brauchen erhebliche Kenntnisse und aufwendiges Equipment. Denn man benötigt nicht nur für jede Lkw-Marke, sondern auch für jede einzelne Baureihe – abhängig von Motorengröße, PS und Baujahr – die passende Emulatorensoftware. Die Emulatoren sind vor allem als Software, die mit Hilfe eines Laptops samt passender Schnittstelle direkt in die Lkw-Elektronik eingespielt wird, auf dem Markt. Im Vergleich zu der Euro-5-Lkw-Generation, die schon für unter 50 Euro zu haben waren und einfach unter dem Armaturenbrett an die Lkw Elektronik angesteckt wurden, sind die modernen Emulatoren Hightech, die viel mehr kann als nur die AdBlue-Versorgung lahmlegen.

Diese AdBlue-Killer oder -Emulatoren sind selbstverständlich illegal und in allen Staaten der EU verboten. Intensive Recherchen des Berufsverbands ergaben, dass in Osteuropa ein florierender internationaler Markt für AdBlue-Killer existiert. Die Bauteile und die Software kommen aus China, Indien oder mehreren osteuropäischen Ländern.
Inzwischen ist das Geschäft, die Elektronik moderne Nutzfahrzeuge zu manipulieren, zu einer Industrie herangewachsen.

EURO-6-Emulatoren-Hardware kaum zu finden!

Euro-6-Emulatoren kaum zu findenEs gibt zwar auch noch für Euro-6-Lkw Emulatoren in Hardwareform, diese sind aber weitaus kleiner und sehen nur wie ein Kabel aus mit einer Verdickung in der Größe einer Chilischote am Ende. Zudem können, anders als bei ihren Vorgängern, diese Emulatoren an einer Vielzahl von Schnittstellen am Lkw angebracht werden.

Zum Beispiel unter dem Fahrerhaus, in der Nahe des Getriebes oder des Antriebsstrangs. Um diese modere Emulatorenhardware zu finden, müssen zum Teil Verkleidungen entfernt und Kabelstränge aufgeschnitten werden, so der Camion-Pro-Vorstand. Die Polizei steht selbst bei diesen relativ leicht zu findenden Emulatoren auf verlorenem Posten. Mossyrsch: „Bei einer Polizeikontrolle können die Beamten diese Emulatoren nicht finden, da sie die Fahrzeuge ausschließlich mit optischen Mitteln in Augenschein nehmen können. Geräte oder eine qualifizierte Schulung gibt es in Deutschland nicht.“


 

Camion Pro Film AdBlueEmulatoren: Die Polizei ist chancenlos!  Techniker haben im Auftrag von Camion Pro die Software aktueller Emulatoren aus Osteuropa ausgelesen. Danach wurden zwei Lkw mit diesen Emulatoren manipuliert und die Auswirkungen unter Realbedienungen analysiert.

180110_Reale_LKW_NOx_Kurzfassung_mit_Markern.pdf
Nach einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für Umweltphysik an der Uni Heidelberg beträgt der illegale Stickoxidausstoß manipulierter Lkw, allein in Deutschland zwischen 20.000 und 40.000 Tonnen pro Jahr und stellt einen nicht unerheblichen Teil des Stickoxidbelastung in der Bundesrepublik dar.

Antwort_der_Bundesregierung.pdf
Anfrage der „GRÜNEN“- Irreführende Antwort der Bundesregierung

AbgasmanipulationeStephan_Kuehn_MdB_und_verkehrspolitischer_Sprecher_Buend.pdf
Es ist ein Skandal, dass Ex-Bundesverkehrsminister Dobrindt nichts getan hat, um diese Manipulationen zu unterbinden und für saubere Luft zu sorgen. Stephan Kühn MdB und  verkehrspolitischer Sprecher Bündes90/Die Grünen

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